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Forschung der AG Wahle

3´-Prozessierung von mRNA

In eukaryontischen Zellen werden die Transkriptionsprodukte der RNA-Polymerase II in drei wesentlichen Prozessierungsschritten in die reife mRNA umgewandelt: Addition des "Cap" am 5`-Ende, Entfernung der Introns durch Spleißen und Prozessierung des 3`-Endes. Der letztere Schritt ist ein Thema unserer Forschung.
3`-Prozessierung besteht aus zwei Schritten: Im ersten wird die Prä-mRNA durch die endonukleolytische Spaltung einer Phosphodiesterbindung in zwei Fragmente zerlegt. Im zweiten Schritt wird an das Fragment, das die kodierenden Sequenzen enthält, ein Poly(A)-Schwanz angehängt. Der Poly(A)-Schwanz spielt eine Rolle beim Export der mRNA ins Cytoplasma, bei der Initiierung der Translation und bei der Regulation der mRNA-Stabilität. Die 3`-Prozessierung wird durch mehrere Sequenzen in der Prä-mRNA gesteuert, darunter, in tierischen Zellen, die bekannte AAUAAA-Sequenz ca. 20 Nukleotide oberhalb der Spalt- und Polyadenylierungsstelle.
Obwohl die 3`-Prozessierung offenbar nur zwei katalytische Funktionen erfordert, nämlich eine Endonuklease und eine Poly(A)-Polymerase, ist die Prozessierungsmaschinerie komplex - sie besteht aus wenigstens fünfzehn Polypeptiden. Der zentrale Faktor ist der "Cleavage and Polyadenylation Specificity Factor" (CPSF), ein Heterooligomer, das spezifisch an die AAUAAA-Sequenz bindet und sowohl für die Spaltung der Prä-mRNA als auch die Polyadenylierung benötigt wird. Die Spaltung erfordert außerdem drei heterooligomere Spaltungsfaktoren und die Poly(A)-Polymerase. Obwohl dieses Enzym, das für die Polymerisation des Poly(A)-Schwanzes verantwortlich ist, seine katalytische Rolle erst in der zweiten Teilreaktion der 3`-Prozessierung spielt, ist es bereits Teil des Komplexes, der die Spaltung bewerkstelligt. Für die Polyadenylierung werden nur CPSF und Poly(A)-Polymerase benötigt, die Spaltungsfaktoren sind entbehrlich. Für eine effiziente Polyadenylierung braucht man jedoch noch ein weiteres Protein, das nukleäre Poly(A)-Bindungsprotein 1 (PABPN1). Durch direkte Wechselwirkung mit der Poly(A)-Polymerase stabilisieren CPSF und PABPN1 die Bindung des Enzyms an die zu verlängernde RNA. Dadurch wird die Polyadenylierung prozessiv, d. h. die Poly(A)-Polymerase kann einen vollständigen Poly(A)-Schwanz synthetisieren, ohne von der RNA zu dissoziieren. Interessanterweise wird diese prozessive Reaktion terminiert, sobald die physiologisch korrekte Poly(A)-Schwanzlänge von ca. 250 Nukleotiden erreicht wird. Während die prozessive Polyadenylierung die gleichzeitige Wechselwirkung der Poly(A)-Polymerase mit PABPN1 und CPSF erfordert, wird der letztere Kontakt unterbrochen, wenn der Poly(A)-Schwanz eine Länge von ca. 250 Nukleotiden erreicht hat. PABPN1 ist für die Messung der Poly(A)-Schwanzlänge verantwortlich sowie dafür, daß der Kontakt zwischen CPSF und der Poly(A)-Polymerase auf die Polymerisation der ersten 250 Nukleotide beschränkt bleibt.
Gegenwärtig bemühen wir uns, die an der Polyadenylierung beteiligten Proteine und ihre Wechselwirkungen strukturell besser zu verstehen.

Ausgewählte Publikationen:

Wahle, E. (1991)  A novel poly(A)-binding protein acts as a specificity factor in the second phase of poly(A) tail synthesis. Cell 66, 759-768

Bienroth, S., Keller, W., Wahle, E. (1993)  Assembly of a processive polyadenylation complex. EMBO J. 12, 585-594

Wahle, E. (1995)  Poly(A) tail length control is caused by termination of processive synthesis. J. Biol. Chem. 270, 2800-2808

Nemeth, A., Krause, S., Blank, D., Jenny, A., Jenö, P., Lustig, A., Wahle, E. (1995)  Isolation of genomic and cDNA clones encoding bovine poly(A) binding protein II. Nucleic Acids Res. 23, 4034-4041

Keller, R. W., Kühn, U., Aragon, M., Bornikova, L., Wahle, E., Bear, D. G. (2000) The nuclear poly(A) binding protein 2, PABP2, forms an oligomeric particle covering the length of the poly(A) tail. J. Mol. Biol. 297, 569-583

Kühn, U., Nemeth, A., Meyer, S., Wahle, E. (2003) The RNA binding domains of the nuclear poly(A) binding protein. J. Biol. Chem. 278, 16916-16925.

Kerwitz, Y., Kühn, U., Scheuermann, T., Lilie, H., Schwarz, E., Wahle, E. (2003) Stimulation of poly(A) polymerase through a direct interaction with the nuclear poly(A) binding protein allosterically regulated by RNA. EMBO J. 22, 3705-3714.

Kühn, U., Gündel, M., Knoth, A., Kerwitz, Y., Rüdel. S., Wahle, E. (2009) Poly(A) tail length is controlled by the nuclear poly(A) binding protein regulating the interaction between poly(A) polymerase and the cleavage and polyadenylation specificity factor. J. Biol. Chem., im Druck.

Mechanismus und Funktion der PABPN1 Modifizierung durch Protein-Arginin-Methyltransferasen

Das nukleäre Poly(A)-Bindungsprotein (PABPN1) spielt eine Rolle bei der Polyadenylierung der Prä-mRNA im Zellkern. Die 49 Aminosäuren lange C-terminale Domäne dieses Proteins enthält dreizehn Argininreste, die alle quantitativ asymmetrisch dimethyliert sind. Von den zahlreichen Argininresten außerhalb dieser Domäne sind nur zwei partiell methyliert. Asymmetrisches Dimethylarginin ist ursprünglich hauptsächlich in der sogenannten RGG-Domäne von RNA-bindenden Proteinen,  später aber auch in Proteinen der Signaltransduktion, Transkriptionsfaktoren und den Histonen H3 und H4 gefunden worden. Wir haben die Protein-Argininmethyltransferasen PRMT1, -3 und -6 als die für die Methylierung von PABPN1 verantwortlichen Enzyme identifiziert. Trotz der oligomeren Struktur der Enzyme und der Häufung von methylierten Argininresten in den meisten Substratproteinen arbeiten die PRMTs distributiv. Im Fall von PABPN1 wird die Substratspezifität durch lokale Aminosäuresequenzen bestimmt, nicht durch benachbarte Proteindomänen, und die PRMTs scheinen als Homooligomere zu arbeiten, nicht als katalytische Untereinheiten von größeren Komplexen. Wir wollen die Substratspezifität der PRMTs untersuchen und außerdem die biologische Funktion der Argininmethylierung identifizieren. Dabei richten wir unser besonderes Augenmerk auf eine mögliche Rolle beim Kern-Cytoplasma-Transport von PABPN1.

Publikationen:

Smith, J. J., Rücknagel, P., Schierhorn, A., Nemeth, A., Tang, J., Linder, M., Herschman, H. R., Wahle, E. (1999)  Unusual sites of arginine methylation in poly(A)-binding protein II and in vitro methylation by protein arginine methyltransferases PRMT1 and PRMT3. J. Biol. Chem. 274, 13229-13234

Ostareck-Lederer, A.*, Ostareck, D. H., Rücknagel, K. P., Schierhorn, A., Moritz, B., Hüttelmaier, S., Flach, N., Handoko, L., Wahle, E. (2006) Asymmetric arginine dimethylation of hnRNP K by PRMT1 inhibits its interaction with c-Src. J. Biol. Chem. 281, 11115-11125.  *korrespondierende Autorin

Fronz, K., Otto, S., Kölbel, K., Kühn, U.,  Friedrich, H., Schierhorn, A., Beck-Sickinger, A. G., Ostareck-Lederer, A., Wahle, E. (2008) Promiscuous modification of the nuclear poly(A) binding protein by multiple protein arginine methyl transferases does not affect the aggregation behavior. J. Biol. Chem. 283, 20408-20420.

Kölbel, K., Ihling, C., Bellmann-Sickert, K., Neundorf, I., Beck-Sickinger, A. G., Sinz, A., Kühn, U., Wahle, E. (2009) Type I arginine methyl transferases PRMT1 and 3 act distributively. J. Biol. Chem. 284, 8274-8282.

Mechanismus und Regulation des mRNA-Abbaus

Die Genexpression wird nicht nur auf der Ebene der Transkription und Translation, sondern auch auf der Ebene der mRNA-Stabilität reguliert. Die Menge sehr instabiler mRNAs kann besonders schnell reguliert werden. Zu den instabilen mRNAs zählen viele von besonderem biologischen und medizinischem Interesse, z. B. solche die für Cytokine oder Transkriptionsfaktoren wie c-fos oder c-myc kodieren.
In den meisten Fällen ist der erste Schritt beim Abbau der mRNA ein exonukleolytischer Abbau des Poly(A)-Schwanzes. Gewisse destabilisierende Elemente in der mRNA bestimmen die Rate der Deadenylierung und auch die Gesamtrate des mRNA-Abbaus, und Untersuchungen dieser Sequenzen haben gezeigt, daß die Deadenylierung häufig der geschwindigkeitsbestimmende Schritt des Abbaus ist.
Wir haben PARN, eine poly(A)-spezifische 3`-Exonuklease aus Säugergewebe gereinigt und kloniert, die durch eine Cap-Struktur am 5’-Ende der Substrat-RNA stimuliert wird. Wir haben in Kollaboration mit Mike Wormington (Charlottesville, Virginia, USA) gezeigt, daß das homologe Protein von Xenopus für eine Deadenylierungsreaktion verantwortlich ist, die während der meiotischen Reifung der Xenopus-Oocyten auftritt und dort zum Zwecke der Translationsregulation benutzt wird.
Wir sind an der Rolle von PARN in somatischen Zellen interessiert.

Die wichtigste und generell konservierte mRNA-Deadenylase ist der sogenannte CCR4-NOT-Komplex. Dieser besteht aus mehreren Untereinheiten, darunter zwei 3’-Exonukleasen, CCR4 und CAF1 (oder POP2). Wir haben gezeigt, daß dieser Komplex für die generelle mRNA-Deadenylierung und auch für die Deadenylierung der hsp70-mRNA in Drosophila verantwortlich ist. Gegenwärtig charakterisieren wir die Untereinheitenzusammensetzung des Komplexes und die Rolle einzelner Untereinheiten.

In der Hefe sind zwei allgemeine Wege des mRNA-Abbaus beschrieben worden. Beide beginnen mit der Deadenylierung. In einem Weg ist der nächste Schritt die Hydrolyse der Cap-Struktur, darauf folgt der Abbau durch eine 5’-Exonuklease. Die Alternative ist ein Abbau der mRNA vom 3’-Ende ohne vorherige Hydrolyse des Cap.  the RNA. Wir haben den Abbauweg der hsp70-mRNA von Drosophila analysiert und gefunden, daß der Hauptabbauweg aus Deadenylierung, gefolgt von Cap-Hydrolyse und 5’-Exonukleaseverdauung besteht. Der Abbau vom 3’-Ende ist von geringerer Bedeutung.
Gegenwärtig charakterisieren wir die Intermediate des Abbauweges in größerem Detail. Sowohl Deadenylierung als auch Cap-Hydrolyse werden durch einen Hitzeschock gehemmt. Der schnelle Abbau der hsp70-mRNA wird durch Sequenzen im 3’-UTR bestimmt, aber nicht durch die Art von AU-reichen Elementen, die den schnellen Abbau von vielen RNAs in Säugerzellen herbeiführen.

Wir haben außerdem ein zellfreies System aus Drosophila-Embryonen entwickelt, das die Deadenylierung und die Translationsrepression der nanos-mRNA reproduziert, die man in vivo beobachtet. Sowohl die Deadenylierung als auch die Translationsrepression hängen von den sogenannten Smaug response elements (SREs) ab. Interessanterweise ist die schnelle Deadenylierung ATP-abhängig. Wir sind daran interessiert, den Mechanismus beider Reaktionen zu untersuchen, der SRE-abhängigen Deadenylierung ebenso wie den der Translationsrepression.

Publikationen:

Körner, C., Wahle, E. (1997)  Poly(A) tail shortening by a mammalian poly(A)-specific 3’-exoribonuclease. J. Biol. Chem. 272, 10448-10456

Körner, C. G., Wormington, M., Muckenthaler, M., Schneider, S., Dehlin, E., Wahle, E. (1998)  The deadenylating nuclease (DAN) is involved in poly(A) tail removal during the meiotic maturation of Xenopus oocytes. EMBO J. 17, 5427-5437

Dehlin, E., Wormington, M., Körner, C. G., Wahle, E. (2000) Cap-dependent deadenylation of mRNA. EMBO J. 19, 1079-1086

van Dijk, E., Cougot, N., Meyer, S., Babajko, S., Wahle, E., Séraphin, B. (2002) The human Dcp2 protein: a catalytically active mRNA decapping enzyme localized in specific cytoplasmic structures. EMBO J. 21, 6915-6924.

Temme, C., Zaessinger, S., Meyer, S., Simonelig, M., Wahle, E. (2004) A complex containing the CCR4 and CAF1 proteins is involved in mRNA deadenylation in Drosophila. EMBO J. 23, 2862-2871.

Meyer, S., Temme, C., Wahle, E. (2004) Messenger RNA turnover in eukaryotes: Pathways and enzymes. Crit. Rev. Biochem. Mol. Biol. 39, 197-216.

Wu, M., Reuter, M., Lilie, H., Liu, Y., Wahle, E., Song, H. (2005) Structural insight into poly(A) binding and catalytic mechanism of human PARN. EMBO J. 24, 4082-4093.

Jeske, M., Meyer, S., Temme, C., Freudenreich, D., Wahle, E. (2006) Rapid ATP-dependent deadenylation of nanos mRNA in a cell-free system from Drosophila embryos. J. Biol. Chem. 281, 25124-25133.

Bönisch, C., Temme, C., Moritz, B, Wahle, E. (2007) Degradation of hsp70 and other mRNAs in Drosophila via the 5'-3' pathway and its regulation by heat shock. J. Biol. Chem., 282, 21818 - 21828.

Jeske, M., Wahle, E. (2008) Cell-free deadenylation assays using Drosophila embryo extracts. Methods Enzymol. 448, 107-118.

Körner, C., Wahle, E. (1997)  Poly(A) tail shortening by a mammalian poly(A)-specific 3’-exoribonuclease. J. Biol. Chem. 272, 10448-10456

Körner, C. G., Wormington, M., Muckenthaler, M., Schneider, S., Dehlin, E., Wahle, E. (1998)  The deadenylating nuclease (DAN) is involved in poly(A) tail removal during the meiotic maturation of Xenopus oocytes. EMBO J. 17, 5427-5437

Dehlin, E., Wormington, M., Körner, C. G., Wahle, E. (2000) Cap-dependent deadenylation of mRNA. EMBO J. 19, 1079-1086

van Dijk, E., Cougot, N., Meyer, S., Babajko, S., Wahle, E., Séraphin, B. (2002) The human Dcp2 protein: a catalytically active mRNA decapping enzyme localized in specific cytoplasmic structures. EMBO J. 21, 6915-6924.

Temme, C., Zaessinger, S., Meyer, S., Simonelig, M., Wahle, E. (2004) A complex containing the CCR4 and CAF1 proteins is involved in mRNA deadenylation in Drosophila. EMBO J. 23, 2862-2871.

Meyer, S., Temme, C., Wahle, E. (2004) Messenger RNA turnover in eukaryotes: Pathways and enzymes. Crit. Rev. Biochem. Mol. Biol. 39, 197-216.

Wu, M., Reuter, M., Lilie, H., Liu, Y., Wahle, E., Song, H. (2005) Structural insight into poly(A) binding and catalytic mechanism of human PARN. EMBO J. 24, 4082-4093.

Jeske, M., Meyer, S., Temme, C., Freudenreich, D., Wahle, E. (2006) Rapid ATP-dependent deadenylation of nanos mRNA in a cell-free system from Drosophila embryos. J. Biol. Chem. 281, 25124-25133.

Bönisch, C., Temme, C., Moritz, B, Wahle, E. (2007) Degradation of hsp70 and other mRNAs in Drosophila via the 5'-3' pathway and its regulation by heat shock. J. Biol. Chem., 282, 21818 - 21828.

Jeske, M., Wahle, E. (2008) Cell-free deadenylation assays using Drosophila embryo extracts. Methods Enzymol. 448, 107-118.

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