Funktionen von PIs bei der Kontrolle zellulärer Polarität
Zellpolarität, d.h. die Ausbildung von Asymmetrien entlang einer Polaritätsachse, ist die Grundlage für die Entstehung komplexer vielzelliger Gewebe aller höheren Organismen. Ein Ansatz zur Untersuchung der Regulation der Zellpolarität ist die Betrachtung spezialisierter Zelltypen, die sich durch extremes polares Spitzenwachstum auszeichen. Beispiele für Pflanzenzellen mit solchen Eigenschaften sind Pollenschläuche, Wurzelhaare und Trichome, die alle aus einzelnen Zellen gebildet werden. Die Analyse von Arabidopsis-Mutanten mit verschiedenen Defekten im PI-Stoffwechsel ergab, dass PIs Funktionen in der Kontrolle des Vesikelverkehrs und des Aktin-Zytoskeletts haben, Aspekten, die für die Ausprägung der Polarität wichtig sind. Die laufenden Arbeiten haben zum Ziel, die Wirkweise von PIs beim polaren Spitzenwachstum zu verstehen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Frage wie verschiedene regulatorische Effekte von PIs auf Zytoskelett, Vesikelverkehr und Sekretion innerhalb einer Zelle miteinander koordiniert werden.
Effekte der Unter- und Überexpression einer PI4P 5-Kinase auf Entwicklung und Polarität von Wurzelhaaren in Arabidopsis thaliana. Links, Arabidopsis thaliana Wildtyp (oben) und pip5k3-4-Mutante (unten). Rechts, Wildtyp (oben) und Verlust der Zellpolarität mit steigender Expression. (aus Stenzel et al., Plant Cell 20, 124-141, 2008)
Zellpolarität zeigt sich nicht nur in der Form der Zelle, sondern auch in der asymmetrischen Verteilung subzellulärer Komponenten. Für die Funktion einer Zelle im Gewebeverband ist die polare Verteilung verschiedener Proteine nötig. Ein Beispiel sind die Auxintransporter der PIN-FORMED-Familie (PIN-Proteine), die den Export des Phytohormons Auxin über die Plasmamembran vermitteln. Je nachdem, an welcher Seite benachbarter Zellen PIN-Proteine lokalisiert sind, wird Auxin im Gewebe direktional verteilt. Das Zusammenwirken verschiedener v.a. basal oder apikal lokalisierter PIN-Proteine führt bspw. in der Wurzelspitze von Arabidopsis zur Ausbildung eines Auxin-Gradienten, an dem sich Differenzierung der Zellen und Entwicklung des Gewebes orientieren. PIs sind als positionale Signale an der PIN-Verteilung beteiligt. Die laufenden Arbeiten sollen klären, wie PIs mechanistisch die PIN-Verteilung beeinflussen. Dabei ist ein besonderer Fokus zu verstehen, wie die Verteilung der PIs selbst in der Zelle polarisiert wird.
Polare Verteilung von PIN1:GFP in Wurzelzellen von Arabidopsis thaliana. Links, Wurzelspitze, gefärbt mit Propidiumiodid; mitte, PIN1:GFP-Fluoreszenz in Zellen des Zentrazylinders (weißer Kasten links); rechts, Auxingradient visualisiert durch den Reporter DR5:GFP. (nach Ischebeck et al., Plant Cell 25, 4894-4911, 2013)